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Lazarus Glitschner - Die Reichenhaller Handschrift

 

Reichenhaller Handschrif

 

fol. 1r

Eine

schöne Geschieht oder

Von dem Untersperg wie

Folgt:

In dem Jahr Anno 1522 bin

Ich Lazarus zu Reichenhall bei dem

Stadtschreiber im Dienst verpflichtet ge­

wesen. Da hat es sich begeben, das [unser 5 Personen als] Ich und mein Herr der Stadtschreiber, der

 

fol. 1v

Herr Stadtpfarrer, der Herr Pfleger und Sonst ein anderer Burger zu Reichenhall sein alle 5 auf dem Untersperg gangen, eben da sein wir kommen in ein Loch, so in dem Berg ist eingehaut, da ist eine Schrift mit Güldenen Buchstaben geschrieben, doch mit alten Buchstaben, eben wie

sie hernach stehen:

 

fol. 2r

Und da wir wiederum seynd heimgekommen Gegn Reichenhall, da haben sye von der Schrift gerodet und haben mich gebetten, ich Sollte hinauf gehen und ihnen abschreiben, voraus der Stadt =Pfarrer und mein Herr der Stadtschreiber. Die haben mich insonder­ heit gebetten. Und ist geschechen an den lezten unser Frauen Tag in dem Hörbst, und bin also alleinig hinauf gegangen auf dem Untersperg und habe diese Schrift abgeschrie­ben in den Loch oder Kapellen. Und wie

ich das gethann hab, da ist es also gleich Abend Worden. Und ist geschehen an einem Mitwoch

 

fol. 2v

abends,das ich nit mehr hab haimgehen mögen. Da bin ich aber über Nacht auf dem Berg ausser an der Wandt des Loches sitzen blieben. Eben an dem Pfingstag frühe, wie

ich hab wollen herabgehen, da bin ich auf Pertholsgadten werths gangen, und habe also in die Weitten umgeschaut und habe einem barrfueßern Münnich vor mir stehen gesehen, der hat in einem Pfaffenbuech gebettet und hatte eine grosse Burth Schlüssel auf der Axel ge­ tragen und hat zu mir gesagt: Wo bist du gewesen oder wo wilst du auß? Hast du geßen oder hungert dich? Und da ich ihme alle Mein­ ung habe gesagt, da hat er zu mir gesprochen: Gehe mit mir! Ich will dir zu essen geben und

 

fol. 3r 

dir das jenige alles zeigen oder weisen,3) was oben im Loch oder Kapellen ist einge­ baut. Darnach seynd wir nit weit von der Stadt, wo wir miteinander gerodet haben, aufwerths gegen dem Höchen Thron gangen. Da seynd wir kommen an ein ganz eisernes Thor, das hat der Münnich aufgespörret

mit einem Schlüssel aus der Burth, welche er getragen hat. Und biß an das Thor haben wür ein Tagliecht gehabt. Da hat er mich mit ihme hineingeführt, hab mich auch nicht geförcht, noch etwas Sonders gedacht. Und bey dem Thorr hats eine stainerne Panck gehabt. Da sagt er zu mir: Da lög du deinem Hueth nider, den magst du wiederumb heraus aufsetzen.

Und sagte zu mir ferners: Lazarus, dieweill du

 

fol. 3v

darinnen bist, so sprich zu niemand nichts kein Wort. Gieb auch niemand kein Antworth, sye sagen, was sye wollen. Aber mit mir derffts du wohl roden, mich auch fragen, was du nur sichest oder hörest, mörck auch. Eben mit die­ sem Wortten seynd wir durch das Thorr hineingangen. Da ist ein Hocher Thurn ge­ wesen und eine Uhr daran mit Gold wohl gezierth. Und der Münnich sagte zu mir: Schau Lazarus, auf welcher Stund der Zeiger stehet! Und er ist gestandten auf sieben Uhr. Und als ich wiederumb für mich geschauet habe, da habe ich vor mir stehen gesehen ein sehr schönnes herrliches Kloster mit einem

 

fol. 4r

grossen koppeten Glocken Thurn, ligent auf einer schönnen Wiesen. Und bey dem Kloster ist ein schönner kalter Brunnen. Auch fast guet ligen auf einer schönnen weitten Wiesen, flies- sen zwo Röhren in einem Märmolsteinernen Grand. Umb das Kloster ist ein schönner schwarzer Wald. Außer umb und umb sind auch schönne Obstbaum mit allerley guetten Früchten, von Aepfflen und Piern und andern Obst da gewesen. Da seind wir hineingegangen in das Gebey und seynd kommen in eine Kirchen, die wäre so lang und so weith, daß ich von der hintteren Kirchen Thür auf dem Chor nit wohl habe sehen können. Da führt er

 

fol. 4v

mich hin für zu dem Sacramenthaus und hieß mich betten und er kniet mit mir auf einem Schämmel und bettet. Darnach führet er mich hinter und hieß mich nidersitzen in einem Stuell und sagte darauf zu mir: Lazarus, da bleibe, bis ich wiederumb zu dir komme und dich hinfür führe. Und sagte ferners zu mir: Die Kierchen hat mehr dan 200 Altäre und auch mehr dann dreissig Orgien, ohne alle andere Instrumenten von Härpffen, Poßaunen, Klarinneten, Flotten, Lautten, Geigen, auch Pfeiffen

und anderen Musikälischen Gesängeren. Und ich sasse nieder in dem Stuell nachent bey

 

fol. 5r

einer Stiegen.Da giengen bey mir herab der Münnich mehr dann dreyhundert Parr in Holz-Schuechen und schauten mich

eben an. Und sye giengen hinfür auf dem Chor und hueben an zu halten die Kierchengebräuch, wie mann solche in dem Thumb- stüften mit Horassen zu singen pflegt, mit großer Andacht Gott zu Ehren. Darauf kämme alsogleich eine große unzahl­ bare Scharren des Volcks, als man anhueb

zu leithen, und sye waren bekleidet mit hochzeitlichen Kleideren. Mann hueb auch an auf allen Altären Möß zu halten, mit dem mann das Hochambt sunge. Mann schluege

 

fol. 5v

auch auf allen Orgien, die vorgenannten Instrumenten und mit Singung deren Gesängeren, auch mit allem Saidten-

spiellen, also stieß, das ich vermeinet habe, alß wäre ich im Himmel. Und also war der Gottesdienst vollbracht, darnach gienge alles Volck wiederumb aus der Kierchen.

Und da kämme der Münnich wiederumb zu mir und spräche: Lazarus, bleibe noch da, mann will anietzo zum Essen gehen! Und also bliebe ich allein in der Kierchen bis auf 12 Uhr. Darnach, wie es 12 Uhr geschlagen hat, darnach kämme der vorbesagte Münnich wieder­ umb zu mir und führete mich hinauf über

 

fol. 6r

eine Stiegen, dabey ich gesessen war. Diese Stiegen hette nur acht Stäffel. Die gieng auf ein Mueß- hauß, da wäre zu beyden Seithen voller hocher Wüntterfenster, aber ungeglast.

Da sache mann hinab auf die schönnen weh­ ten Wießen, darauf das Kloster lag. Und wüder auf demselben Mueßhauß führet er mich durch eine Thür hinein in ein Convent, das war eben gewölbet, als wie das Mueßhauß, auch mit solchem Fensteren gemacht. Darinnen stunden lange Tisch, und zunegst bey der Thür sezte er mich zu einem aufgerichten Tisch und sagte zu mir: Da bleibe, ich will dir zu essen bringen. Und dieweill er fortgieng, da schauete ich hinauß. Da sache ich grosse Scharren Volks über

 

fol. 6v

den Anger hin- und hergehen, von einem Wald zu dem anderen. Er brachte mir zu essen: Krauth, Fleisch und Gersten und ain Laibei Brodt; auch ein einem Böcher Wein, ungefehrlich bey ainem Mässel. Und der Böcher war zünnen, auch die Schissei. Und alß ich habe geßen und getrunken, schäfte er mir, ich sollte GOTT darumb dancken. Darnach führt er mich wiederumb in die Kirchen voller Volcks, wie in der Frühe, und darnach haben wir die Nonn gehabt. Nach deme führete er mich wieder­ umb in das Convent, gleich gegenüber das Mueßhauß in ein Lüberey, die wäre auch zu beyden Seithen voller Fenster, doch ungeglast, dardurch mann auch sehen kunte die Leuth über den Anger hin- und hergehen von einem Wald zu dem anderen.

 

fol. 7r

Ich fragte ihne,dem München,war sie diese Leuthe wären. Da sagte er zu mir, es seyen alte Kayser, König, Bischöffe, Ritter und Fürsten und andere guette Leuth, die dem Khristlichen Glauben zu seiner Zeit werden helffen, errötten. Und die Kirchen, die ich sache, die waren nur von Baumbrindten ge­ macht und aus Heutten, auch mit alten besten Buch­ staben geschrieben. Ich kunte es übel lesen, aber er läse mirs, was sye in sich hielten, mit ihren Verstandt, welches ich lasse auch die Schrift mit silbernen Buch­ staben, wie ich oben im Loch oder Kapellen abge­ schrieben habe, die er, Münnich, mir gezaigt und ge­ lesen hat, die waren auch in der Latein geschrieben. Damit wäre es Vesperzeit, mann leithet und gieng zu der Vesper. Die wäre eben gesungen mit grosser

 

fol. 7v

Andacht,mit Orgien,auch an deren musicalischen Saittenspillen. Nach der Vesper gab er mir aber­

mahl zu essen an der alten Statt im Convent wie

ehevor. Darnach giengen wir zur Komplet, die

waren begangen wie die Vesper. Und als diese

Complet vollendet wäre, da waren alle Münnich

bereith mit Liechteren und Latterneren, item geord­

net zwey und zwey, und giengen dem Höchen Thron

zu, dardurch ich herein gegangen wäre. Da hat es an beyden Seithen eyserne Thüren, die waren Ver­schlüßen, in jeden Seithen söcks. Da sagt mir der Münich: Durch diese Thür gehet mann gegen Sanct Bärtlmae bey Berchtoldsgaden, durch diese Thür gehet mann [gehet mann] nacher Salzburg in dem Thumb gehn Sanct Ruepert, durch diese Thür gehn Feldkürchen, durch diese Thür gehet mann gegen Sanct Zenno.

 

fol. 8r

Durch dieseThür gehet mann gehn Sanct Michael in die [,..]b), durch diese Thür zu unserer Lieben Frauen auf die Gmain, durch diese Thüre gehn Sanct Peter und Paul bey Reichenhall, durch diese Thür gehn Sanct Peter auf Salz­ burg, durch diese Thür gehn Sanct Maximi­ lian, durch diese Thür gehn Sanct Georgy in Hällein, durch diese Thür gehn Sanct Dionisy. Und wir giengen dieselbige Nacht gehn Sanct Bärtlmae bey Pertholsgaden in einem Gang so weith, als alle Weeg drey und drey neben ein­ ander gehen mögen. Und wie oft es ein ebene*) Meill hat, so oft hat es drey Staffel. Und er sagt zu mir am gehen: Jetzt gechen wir tieff untern See, da kommen wür ausgespörter in die Kürchen hinter

 

  1. Zeile nachträglich eingeschoben. 
  2. Auslassung.

 

fol. 8v

dem Altar und singen die Motten.Und nach der Motten giengen wir wiederumb haimb in dem Untersperg. Und da wir waren haimb kommen,

da wäre es Zeit zu der Prim zu singen. Und also

ist es andere Tag zuegegangen wie dem ersten,

mit allen Kürchengebreuchen, auch alle wegen die Kirchen voller Volcks. An der anderen Nacht seynd wir gehn Salzburg im Thum gangen. Und wie wür in Thumb seynd kommen und haben angefangen, die Motten zu singen, hätten sye uns bald erwischet, den wie der Münnich hat zuegespörret, da hat der Mößner angefangen zu leithen, und seynd in Thumb bey der hintteren Thür aus- und eingangen. Und

die dritte Nacht seynd wir wiederumb gehen Perthols­ gaden gangen, auch dasjenig verrichtet, wie vor und

 

fol. 9r

Haimb in den Untersperg, wie in den vorigen Tag. Die vierte Nacht seynd wir gangen gehn Sanct Maximi­ lian, die fünfte Nacht seynd wir gangen gehn

Sanct Peter gehn Salzburg, die sechste Nacht

seynd wir gangen zu unser Lieben Frauen auf die Gmain. Und als wir nun miteinander unter

diesen Tagen in der Lüberey waren und lesten

von denen alten Geschichten und von denen künftigen Weissagungen, so hat er mir viel ge­

sagt, wie es sich in der Welt noch ferners wird zuetragen: Krieg, Hunger und Theuerung, Pestilentz und gächen Todt, wie in der Latein hierin geschrie­ ben stehet. Und als wir von solchen Dingen rodeten und schaueten beynebens durch die Fenster hinauß auf die schennen Wiesen und schaueten die vorüber

 

  1. Das W ort „ebene“ auf Rasur geschrieben.

 

fol. 9v

gechenden Scharren Volcksan,aldagiengeein Kayser daher unter dem Volck. Der hatte eine gul-derne Krön auf dem Haubt und truege einem keyserlichen Scepter in der Handt und hatte einem grauen Bardt, der gienge ihme hinab

über die Knie; auch andere Männer, Herren und Frauen, kleine und große. Da fragte ich dem Münnich, wer sye wären. Da sagte der Münnich zu mir, es wären alte Kayser. Und der dorthen gehet mit dem langen Barth, den du siehest, der ist der Kayser Friederich, welcher in Walserberg verlohren ist worden. Schaue ihm wohl an, dan

er ist es wie er verlohren ist worden. Auch habe ich gesechen Fürsten, als Herzogen Albrecht von Münichen und seine Frau, auch dem Bischoff

 

fol. 10r 

Leonhard von Salzburg,einem Abten von

Sanct Peter, einen Probsten von Perchtols-

gaden, einem Probsten von Sanct Zenno.

Auch andere siche, so ich vorhero bey ihren Lebszeiten gekennet habe, gesechen, auch

Reiche und Arme, Manns = und Frauen-

persohnen. Da habe ich ihme gefragt, was

sye hierin thuen. Da hat er die Handt aufgehebt

und hat mir einem unmaßgeblichen Packen­

streich in das lincke Wang gegeben, das ich demselbigen Streich mein Leben lang empfunden, auch mich nebst deme ganz zornig angesprochen und gestraft, was ich darf nach der Geheimnuß Gottes fragen. Ich sollte fragen umb was mir Noth ist

 

fol. 10v

zuwissen.Dann umb die Geheimnus Gottes [Gottes] darfts du nicht fragen, was sye hierin machen. Er hat mir auch mit dem Essen und Trincken ainem Tag wie dem anderen aufgewartet und gehalten. Den sie­ benden Tag sagt er zu mir, als wür von

der Gmain seynd anheimb kommen, da

sagte der Münnich: Lazarus, es ist Zeit,

[es ist Zeit], das du wiederumb hinaus gehest, es seye dann sach, das du wollest gar herinnen bleibest. Das magst du auch thuen, wan du anderst es thuen wilst. Da sagte ich zu dem Münnich: Ich will wiederumb hinauß. Da gäbe

 

fol. 11r

er Münnich mir zuvor,ehe er mich hinauß führte, Fleisch, Krauth, Gersten und ein Laibei Brodt, auch einem Böcher mit Wein, wie vor in denen anderen Tägen, und gab mir auch auf dem Weeg zwey Laibei Brodt und sagt: Diese esse am heimgehen und seye gar diemüthig, weillen du auf Erden lebest. Alsdann führt er mich zu dem Thurn allwo

ich herein gegangen bin, und sagte hierauf zu mir: Jetzt schaue die Uhr an! Da stunde es eben auf Sieben Uhr, als wie ich hinaingegangen bin. Und da führt er mich endlich zum Thor

 

fol. 11v

hinauß an die Stadt,daer zu mir amerst­

en ist kommen, und geseegnet mich und sprach also zu mir: Lazare, schaue, das du es vor 35 Jahren niemand sagest, als lieb dir

dein Leben ist. Auch nit vergiß, was du hier­ innen gesehen und gehöret hast. Wann sich aber diese Zeit verloffen hat, als dann magst dieses wohl sagen, denn es würd noth seyn, das man es wissen mueß. Aber diese Ding beschreibe

wohl und behalte es fleissig auf, damit mann

sich hietten kann vor solchen gefährlichen Zeiten, dann die Menschen der künftigen Dingen

 

fol. 11r 

und Weissagungen,so in diesem Wunder- 

barlichen Berg geschrieben seynd, nothwen-

dig zu wissen seyen, wie hernach folget. Aines Theils verzaichnet wie es würd werden in diesem Lande, auch im anderen Länderen mit Sterben, Theuerung, Kriegsläuf, so sich begeben würd, und wegen des Glaubens,

so Gott wierd verhengen über die Gottlosen

und bösen Leüthe, die seinem göttlichen

Willen und Wortten nicht nachfolgen, nach­ leben und gehorsamen wollen, sonderen nur vielmehr ihrer Wohllust anhangen und nachgehen

 

fol. 12v

und keiner Ehrn ochTugend nachfragen.Ich habe auch gelesen in diesen Kürchen, so in dem Berg liegen, das sich der Glaub nach dennen Jahr­ en, so mann zollen wird 1677, auf Erden

ganz und gar verkehren würd, sonderen es wer­ den nur vielmehr alle Gottlosigkeiten, als Ehebrüch, Huerereyen, unziembliche Feund- schaften, Mordt, Laugnen, Lüegen, da mit einen Wortt alle Hoffart so gar überhand nehmen Würd, das Gottes Wortt nur allein mit dem Mundt und nicht mit denen Wercken, wird er­ kennet werden. Darumb wird GOTT also

 

fol. 13r

verhängen, das der Türck die Teutsche Nation ganz und gar überziehen werden und die Teutschen also gezwungen werden seyn,das sye ihme Türcken willig entgegen ziechen werden. Solches wird geschechen aus gerechter Straff und Zuelassung Gottes. Item auch wird eben der Türck oben am Rheinstrom völlig erschlagen, auch die Khristen untereinander ihnen selbst Krieg machen werden und sehr große Krieg, das alles Volck wierd abgeschlagen werden, daß der Rheinstrom und dieser von

 

fol. 13v

ihnen würd Bluet flüessen werden wögen so großen Mordten, würd solches alles aus Gottes Verhängnus geschechen. Und auch wegen deren Fürsten Hoffart werden die Paueren ihre Pfluegeisen zu den Kriegs­ rüstungen machen laßen, als zum Spies- sen, Schwerdteren und Hellerbardten, darmit zu strebten. Es wird nit allein

am Rheinstrom, sondern auch in Hisch- panien, im Wellischlandt und im

Bayern allenthalben große Krieg und

nit allein Krieg, sondern auch sehr große

 

fol. 14r

Theuerung und Sterbenshalber. Wegen die­sen Betrangnußen werden die Menschen ganz und gar verzagen, solcher Zwang, als wie mirs der Münnich hat angezeigt und selber gelessen hab. Es wird geschechen, das zu Saltz- burg ein so erbärmliche und große Schlacht würd sein auf dem Walserfeld und umb des Glaubens halber, das die teutschen Menschen so­ gar verkehrt werden seyn, das die nur von

dem Wortt Gottes reden und mit dem Werken guetts thuen, auch sye an einen ander2) gar kein gleiches thuen, noch lieber zeigen.

 

fol. 14v

Darumben wird GOTT wieder die kleingläu­bigen Menschen das Schwerdt ausweithen, wie der Münnich gesagt hat, auch desgleichen von dem Paum, so auf dem Walserfeld

stehet, den er mir auf dem Berg gezeiget hat mit seinem Finger: Siche Lazare, an dem­ selben Paum, der dort stehet auf dem Feld, der ist schon ein sehr lange Zeit thier gestan­den und leztlich gar umgehauet worden. Darnach aber durch Wunderzeichen unnd vermittelst göttlicher Allmacht wieder­

um!) auf die Wurzel gestandten und hat ange­ fangen zu griennen und also immer gegriennet.

 

fol. 15r

Aber noch zu selbiger Zeit, da er mir dem Paum gezeiget, viel mehrers dürres daran gewesen, hat der Münnich zu mir gesagt dazumalen: Siche Lazare, wann dieser Paum wird Frucht bringen, als dann wird sich die Schlacht an­ fangen und der Fürst von Bayrn wird seinem Schild daran hangen und die Schlacht wird so gewaltig groß und erschröcklich werden, das alles Volcke von wehten wird zuelauffen, da der Bauersmann mit der Reittl von dem Pflueg, der Mennera) mit der Gaisl von den Rossen, der Handwercksmann mit

 

fol. 15v

seinem Werckzeugen,die Weibermitihren Röcken und Offengabel und andere ihren Werckzeugen, den christlichen Glau­ ben zu errödten helffen. Das Volck würd alles aneinander abschlagen und er­ würgen im Grimmen, das das Feld,

wie weit es ist, mit Bluet würd überzogen und überrinnen biß an die Enckhl. Was aber für Volck überbleiben würd, hat mir der Münnich gesagt, das selbes Volck würd nit mehr aneinander er­ schlagen noch erwürgen, sondern es werden von diesem Volck, so in diesem

 

fol. 16r

Berg wohnet, erschlagen werden, die GOTT darumben erhalt hierin mit sambt Kayser Friderich, den er selbst

wird zu der Schlacht hinauß kommen und die Ungläubigen ausreitten. Er hat mir auch gesagt, wie das Volck ganz und gar wird ausgereittet werden, daß der Adel in einem Sadl darvon wierd reitten. Ein solches wierd auß Verhäng­ nuß Gottes geschechen, das Stödte, Märckt und Dörffer werden oedt gelaßen werden, das die Füx und Wölffe ihre Wohnung

 

  1. Das Wort„Menner“auf Rasur geschrieben.

 

fol. 16v

darinnen haben werden. Er, Münnich, hat mir auch von Salzburg prophezeyet: Wie er gewiß weiß, so werden eben auch die Füx und die Wölff ihre Jungen unter Sanct Rueperts Altar in dem Thumb außzüg-

len. Ein solches würd von wegen der Men­ schen ihres Wollusts Leben und Nachläßig- keiten der Gottesdienst und Gottesworttnur verrachtet von darumben geschechen und keiner Barmherzigkeit nur zu getrosten. Dahero soviel Übel und Blagen werden von GOTT gesandt werden, wie dann von der ge-

 

fol. 17r

nannten Jahrzahl,wie vorgemeldet seynd worden, nemblich als man zöhlen wird 1734: 59: 65. Das solcher Unfrieden unter­ einander wird heraußkommen, das dem gantzen Erdbodten alles Volck würdet ausgereidtet werden. Der Münnich hat

mir auch angezeigt, das nach Kaysers Karl Absterben zu selbiger Zeit von der anderen Ankunft Christi den Herrn keinner ge­ lehrter kristlicher Keyser mehr seyn wer­ den. Es göb es Gott aus solchen Gnaden. Ende

15 Anno 22.

 

Text und BildQuelle: 

So etwa wurde der Stadt Bad Reichenhall um 1990 eine Handschrift, die wohl im 18. Jh. entstanden sein dürfte, zum Kauf angeboten. Diese befindet sich im Salzburg Museum und trägt die Signatur HS 2398. Im Text fol­gende Zeilenangaben beziehen sich auf diese Handschrift, ed. v. Weber-Fleischer, Die Über­lieferung 

 

Das Erbe der „Lazarusgeschichte“. Zur Entstehung und Instrumen­talisierung der Untersbergsage, Von Johannes Lang, Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg, Austria 

Seite 168-173

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